Freitag, 15. Februar 2013

Deutsche Verlustlisten des I. Weltkrieg

Deutsche Verlustlisten des I. Weltkrieges


Das Projekt 
Im Jahre 2003 habe ich damit begonnen, die amtlichen Verlustlisten des I. Weltkrieges zu digitalisieren. Das Ziel dieses Projektes war es, diese einzigartige historische Quelle einem möglichst großen Personenkreis für genalogische und familienkundliche Zwecke zur Verfügung zu stellen.

Im Oktober 2010 konnte das umfangreiche und aufwendige Projekt durch Veröffentlichung des noch fehlenden Jahrganges 1917 nach siebenjähriger Arbeit endgültig abgeschlossen werden. Die Verlustlisten (Originale) wurden von Micro-Film-Rollen auf DVD im TIF-Format übertragen. Sie können sind somit bequem am PC durchsucht und bearbeitet werden.

Die Gründe
Die genealogisch nutzbaren militärgeschichtlichen Quellen, insbesondere zu Angehörigen der preußischen Armee bzw. dem Heer des Deutschen Reiches, sind sehr begrenzt, da viele Daten in den Wirren des II. Weltkrieges vernichtet wurden. Von besonderem Interesse für Familienforscher sind deshalb die noch vorhandenen Verlustlisten des ersten Weltkrieges, die von August 1914 bis 1919 im Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger herausgegeben wurden. Die vorhandenen Verlustlisten waren bisher im Original, als Buch- oder als Zeitungsformat, oder als Microfilme nur in den Lesesälen der Archive einsehbar. Die Sichtung dieser Quellen bedarf eines großen Zeitaufwandes und ist deshalb bei Einsichtname der Originale vor Ort mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Durch die Digitalisierung der Verlustlisten besteht nunmehr für jeden interessierten Forscher die Möglichkeit, die Originale ohne großen Aufwand per Mausklick am eigenen Computer durchstöbern zu können. Darüber hinaus bietet die Digitalisierung auch die Grundlage für wissenschaftliche Zwecke, z.B. der Namenforschung (Onomastik).


Die Verlustlisten
Die Verlustlisten wurden während des Krieges fast täglich heraus gegeben, um die nächsten Familienangehörigen zu unterrichten. Die Verlustlisten wurden zu Beginn des Krieges gegen ein geringes Entgelt verkauft, um der Öfffentlichkeit zeitnah zu informieren. Im weiteren Verlauf des Krieges wurden die Verlustlisten öffentlich ausgelegt, konnten allerdings weiterhin käuflich erworben werden. Im Dezember 1914 wurde hierzu folgende Bekanntmachung veröffentlicht:

Da jetzt angenommen werden kann, daß die amtlichen Einrichtungen zur zuverlässigen und möglichst schnellen Bekanntgabe der Verluste im gegenwärtigen Kriege (öffentliches Auslegen der gesamten Deutschen Verlustlisten und von Auszügen aus ihnen bei den Landratsämtern, Königl. Polizeiverwaltungen usw. sowie Bekanntgabe der die einzelnen Kreise betreffenden Verluste durch die Kreisblätter) überall bekannt geworden sind und sich eingebürgert haben, liegt kein Grund mehr dazu vor, die Deutschen Verlustlisten auch weiterhin unter dem Selbstkostenpreise abzugeben.
Der Bezugspreis der im Post-(Einzel-) Abonnement zu beziehenden Deutschen Verlustlisten beträgt vom 1. Januar 1915 ab 1,75 Mark monatlich ohne Bestellgebühr.

Die Bestellgebühr bleibt unverändert.
Berlin, den 16. Dezember 1914.
Kriegsministerium, M.A.


Die Verlustlisten des I. Weltkrieges beeinhalten ungefähr 9 Millionen Namensnennungen. In den Verlustlisten werden alle deutschen Einheiten der damaligen vier Königreiche (Preußen, Sachsen, Bayern, Württemberg) sowie die Marine- und Kolonialeinheiten einbezogen. Die Verlustlisten beginnen bei Kriegbeginn im August 1914 und enden am 14.10.1919. In ihnen werden alle verwundeten, gefallenen, vermißten, in Gefangenschaft geratenen und erkrankten Militärangehörigen und Zivilpersonen (z.B. Krankenschwestern) aufgeführt. Folgender Eintrag wurde von den Behörden den Verlustlisten vorangestellt:

1) Die Verlustlisten werden nach Eingang bim Zentralnachweisbüro des Kriegsministeriums baldmöglichst veröffentlicht; eine Zurückhaltung derselben findet nicht statt. Infolge des überaus raschen Vorschreitens der Armeen sind die Truppenteile selbstverständlich nicht in der Lage, die Listen zugleich nach  einem Gefecht einzureichen, daher öfters ein verhältnismäßig spätes Eintreffen in Berlin. Von mehreren Regimentern sind bis jetzt überhaupt noch keine Verlustlisten eingegangen.

2) Die Namen der Gefechte werden von jetzt ab, soweit sie mit Sicherheit bekannt sind, in den Verlustlisten angegeben werden.

3) Die bei denNamen der Verwundeten usw. angeführten Orts- und Kreisnamen beziehen sich auf den Geburtsort des Betroffenen.

Berlin 19.09.1914  

Die Angaben in den Verlustlisten änderten sich im Verlaufe des Krieges. So wurde am Anfang des Krieges die Art der Verwundung (z.B. Schußverletzung am Bein) genannt. Im weiteren Verlauf wurde hierauf verzichtet. Gleiches gilt für die Angabe des Geburtstages, der bei andauerndem Krieg nur in wenigen Fällen genannt wurde. Hierdurch sollte verhindert werden, dass der Feind Informationen darüber erhielt, welche Rekrutenjahrgänge eingezogen wurden. Ab dem Jahr 1917 wurden die Verlustlisten auf eine alphabetische Namenliste umgestellt und ab Herbst 1917 fiel vom Geburtsdatum das Jahr weg. Ab Dezember 1918 wurde in den Verlustlisten das komplette Geburstdatum angegeben. In der Regel enthalten die Verlustlisten den Namen, den oder die Vornamen, den Dienstgrad, den Geburtsort, die militärische Einheit und den Tag und Ort des Geschehens. 

 

Die Nutzung                                                                                                                                        Die Verwendung der Verlustlisten erfordert auch nach der Digitalisierung einen hohen Zeitaufwand, da die Soldaten nicht alphabetisch aufgeführt wurden. Vielmehr wurden die Listen nach Einheiten geordnet; Infanterie, Kavallerie, Jäger, Artillerie, sonstige Einheiten. Innerhalb der Einheiten erfolgte die Ordnung nach Kompanien und weiter nach Dienstgraden. War die Suche erfolgreich und konnte ein Familienangehöriger in den Verlustlisten aufgefunden wurde, kann anhand der dort gespeicherten Daten vielleicht dessen Herkunft festgestellt und damit entsprechende Nachforschungen in den Kirchenbüchern vor Ort ermöglicht werden. Weiter kann aus den Eintragungen geschlossen werden, ob es sich bei der Person um einen aktiven Soldaten (Dienstgrade Unteroffizier, Grenadier, Musketier etc.), um einen im Rahmen der Mobilmachung eingezogenen Reservisten (Unteroffizier der Reserve, Reservist, Angehöriger der Landwehr etc.) oder um einen „Freiwilligen“ handelt. Soweit ein Soldat zum Landsturm oder zur Landwehr gehörte, lässt sich dessen Lebensalter eingrenzen. Der normale Wehrpflichtige absolvierte ab dem 20. Lebensjahr seine 2-jährige Wehrpflichtzeit. Anschließend gehörte er 5 Jahre der Reserve seines Regimentes an. Bis zum 39. Lebensjahr gehörte er einer Einheit der Landwehr und ab dem 45. Lebensjahr einer Einheit des Landsturms an. Da den jeweiligen Regimentern zum Teil Ortsbezeichnungen beigegeben wurden, die über die Aufstellung oder den Standort der Einheiten Auskunft geben, ermöglicht dies ggf. Nachforschungen in den entsprechenden Militärkirchenbüchern. Die preußische Armee war aufgrund der Landesreligion eine evangelische Armee. Die zugehörigen Militärkirchenbücher, in den neben Eintragungen zu evangelischen Soldaten auch solche zu katholischen Soldaten erfolgten, wurden deshalb von der evangelischen Kirche archiviert. Die Militärkirchenbücher beinhalten Eintrage zu Geburten, Heiraten und Todesfällen der Soldaten und deren Angehörigen. Bei den Militärkirchenbüchern muss unterschieden werden zwischen den Garnisonskirchenbüchern der einzelnen Truppenstandorte und den, oft parallel dazu geführten, Kirchenbüchern der einzelnen Truppeneinheiten. So sind z.B. die Militärkirchenbücher der Rheinlande (Saarbrücken bis Kleve) in der Archivstelle der evangelischen Kirche in Boppard zugänglich. Konnte bereits im Rahmen der Familienforschung festgestellt werden, dass ein Familienangehöriger in einer bestimmten Einheit (z.B. Reserve Inf. Reg. Nr. 74) gedient hat, bieten sich als weitere Quellen für Nachforschungen ggf. vorhandene Veröffentlichungen zur Geschichte einzelner Regimenter an, die neben Gefechtsberichten häufig Namenlisten der Regimentsangehörigen, der Gefallenen und Verwundeten und auch Bilder enthalten. Hierbei möchte ich beispielhaft auf das „Ehrenbuch der Garde 1914-1919“ hinweisen, welches 1931 im Verlag Tradition Wilhelm Kolk / Vaterländischer Verlag Oskar Hinderer erschien. In diesem zweibändigen Werk sind zahlreiche Auszüge aus Kriegstagebüchern, auch einfacher Soldaten, veröffentlicht. Diese Kriegstagebücher beinhalten oftmals Angaben und Einzelheiten zu weiteren Personen.

Beispiele:

Kriegsbericht über den Sergeanten W. BARBKNECHT, Fahnenträger vom 2. Garde-Regiment zu Fuß. Ihm wurde durch den Gefreiten Karl BECKER aus Halberstadt beim Sturmangriff das Leben gerettet.
(Quelle: Ehrenbuch der Garde S. 69)

Tod des Füsiliers Walter STURM aus Charlottenburg am 14.03.1915 bei Ripont, der Landwehrsoldaten Hugo OKELMANN aus Hamburg und Philipp HACKER aus Forbach (beide gefallen am 18.03.1915) sowie der Verwundung des Unteroffiziers BEUTH aus Neugarten Kreis Heilsberg
(Quelle: Ehrenbuch der Garde S. 159,160)

Kriegstagebuch des Fritz Robert BUSCHMANN aus Mettmann vom Garde Grenadierregiment Nr. 5.
(Quelle: Ehrenbuch der Garde S. 382,383,515)

Kriegstagebuch des Lehrers Albert TOMUSCHAT aus Gr. Guja bei Engelstein, Ostpreussen, Grenadier der 5. Kompanie des 5. Garde Regiments zu Fuß.
(Quelle: Ehrenbuch der Garde S. 408,497)

Kriegstagebuch des Wilhelm HETSCHOLD, Unteroffizier 1.M.G. Kompanie des Lehr-Infanterie-Regimentes, Landwirt aus Hundsdorf / Waldeck, Träger des Eisernen Kreuzes I. und II. Klasse (1916/1917).
(Quelle: Ehrenbuch der Garde II. Band))

Kriegstagebuch des B. von BECKERATH, Krefeld, Grenadier der 5. Kompanie des Garde Grenadier Regimentes Nr. 5.
(Quelle: Ehrenbuch der Garde S. 517)

Ein weiteres schönes Beispiel dafür, wie die Angaben der Verlustliste mit anderen noch zugänglichen Informationsquellen verbunden werden können, ist der Eintrag des Leutnants und Kompanieführers Fritz BRUNZLOW, geboren am 08.06.1897 in Mönchengladbach. Fritz BRUNZLOW diente laut Vermisstenliste Ausgabe 84 / 1919 in der 2. Kompanie des Infanterie-Regiment 82 (Kurhessisches, http://wiki-de.genealogy.net/IR_82) und wurde am 20.07.1918 bei Reims vermißt. Es war die Zeit der letzten großen deutschen Offensive an der Westfront. Das IR 82 eroberte während dieser Juli-Offensive den Courton Wald und die Höhe 230. Aus der Verlustliste geht weiter hervor, dass Angaben zu Fritz BRUNZLOW an Professor Dr. Schäfer in Soest übermittelt werden sollen.
Am 16. Januar 1917 schrieb Fritz BRUNZLOW einen Brief an einen Kameraden, der tiefe Eindrücke vom Gemütszustand und der Gedankenwelt des Fritz BRUNZLOW vermittelt und in dem Buch "Der Deutsche Soldat, Briefe aus dem Weltkrieg" von Rudolf Hoffmann veröffentlicht wurde. Das Buch erschien 1937 im Verlag Albert Langen / München. Das IR 82 war zu diesem Zeitpunkt im Raum Verdun, wahrscheinlich im Bereich Toter Mann, bis zum Mai 1918 eingesetzt. Weitere Einzelheiten können aus der Regimentsgeschichte in Erfahrung gebracht werden (  2. kurhessisches Infanterie Regiment 82, Verlag Stalling, Berlin 1922). Durch die Nutzung der Verlustlisten, des Internets und vorhandener Literautur können viele Angaben zum militärischen Werdegang des Fritz BRUNZLOW rekonstruiert werden.

Der Brief von Fritz BRUNZLOW vom 16. Januar 1917

Anliegende Kartes als freundlichen Gruß von mir. Bei näherer Durchsicht Deines Briefes fühle ich mich doch verpflichtet, Dir mal gehörig meine Meinung zu sagen.
Auf jeden Fall verbitte ich mir als Soldat, der  2  1/2 Jahre vorm Feinde seine Pflicht getan hat, mir mit so einem Schreiben zu kommen. Von einem grünen Fuchs an einen Soldaten einen solchen Wisch zu schicken, ist eine Beleidigung. Ob ich diese Geschichte bald satt hätte?
Diesen Krieg, in dem Millionen deutscher Männer ihr Bestes, ihr Blut hergeben, im dem Tausende von Existenzen zugrunde gerichtet werden und ohne Klagen alles fürs Vaterland hergeben, in dem das deutsche Volk seine herrlichste Wiedergeburt erlebt, diesen Krieg bezeichnest Du als "Geschichte". Schäme Dich!
Satt - Nein, satt haben wir diesen Krieg nicht. Sondern wir hoffen bald den Frieden, der uns nach diesem Heldentum zukommt. Ein großes, in seinen Grenzen gefestigtes Deutschland, das einer friedensreichen, herrlichen Kuluturentwicklung entgegensieht. Die Unterbrechung in Deinem Berufe war Dir unbequem. Was ist Dein Beruf?: daß Du Dich als Agrarier in die pessimistischen Ideen vergräbst und das Geld, das ein Großonkel sich sauer erworben hat, verzehrst?
Was ist dies gegen die Leute von 48 Jahren, die Weib und Kind zu Hause ohne Geld hungernd zurücklassen mußten und doch freudig dem Vaterlande alles geben? Schäme Dich.
Daß Du Dich noch nicht mal freust, Weihnachten unter den neuen Kriegsgefährten zu feiern, dagegen will ich nichts sagen, da doch Weihnachten im deutschen elterlichen Hause das Schönste ist. Denk aber nur an viele Soldaten wie auch ich, die nun das dritte Kriegsweihnachten fern der Heimat feiern, deshalb sei ganz still!
Du redest vom strammen Dienst 4  1/2 Stunden täglich. Das ist doch nichts. Was leisten unsere Truppen seit   2  1/2 Jahren? Was leisten unsere Leute im Schützengraben, was jetzt in Rumänien? Ich will es nicht näher erörtern. Sein nur still! Möge der Geist von 1914 uns nie verloren gehen, sagt Hindenburg. Dein Wisch zeugt nicht von diesem Geist. Hoffentlich ist dieser nur einzig in seiner Art. Wenn unser neuer Jahrgang, der dem Feldheer neue Kraft verleihen soll, genau so denkt, dann Armes Deutschland!
Bessere Dich und gehe in Dich mit Deinem Gewissen, daß nicht wieder solche Worte über Deinen Mund kommen. Laß Dir dies von einem Kameraden gesagt sein. Durchhalten und Siegen bis zum Frieden!  


Die Rheinischen Regimenter der preußischen Armee
Bei der Beschäftigung und Veröffentlichung der Verlustlisten habe ich festgestellt, dass zum Thema "preußische Armee" sehr viele Fragen zu verschiedenen Details, z.B. dem Gehalt, oder der Wehrpflicht der Soldaten, gestellt werden. Aus diesem Grunde habe ich ergänzend zu diesem Projekt eine Ausarbeitung verfasst, die sich viele dieser Fragen annimmt. Neben den allgemeinen Fragen zur preußischen Armee im 19. Jh. behandelt diese Ausarbeitung hauptsächlich die sog. "rheinischen Regimenter", die ihre Soldaten zum überwiegenden Teil aus dem Rheinland rekrutierten und dort stationiert waren. Es sind dies die Einheiten des VIII. Armeekorps und einige Einheiten des VII. Armeekorps, die in rheinischen Städten stationiert waren.

Das Denkmal
Die Verlustlisten des I. Weltkrieges sind nicht nur eine aussergewöhnliche historische Quelle, sondern gleichzeitig eine Denkmal für den sinnlosen Opfergang der Soldaten auf den Schlachtfeldern in Flandern, an der Somme, vor Verdun und im Osten Europas. Gleichzeitig sind sie ein Mahnmal für die namenlosen Soldaten in diesem ersten Weltkrieg und aller folgenden Kriege weltweit. Hinter jedem der in den Verlustlisten genannten Soldaten verbirgt steht eine persönliche unbekannte Geschichte, die zusammen mit vielen anderen das schreckliche Bild dieses ersten modernen Krieges zeichnet. Die Opfer der Soldaten sind es Wert das man sich ihrer erinnert. In diesem Sinne sind die Verlustlisten und ihre nachträgliche Veröffentlichung zu sehen.

Bei Fragen:
alexander.odinius@googlemail.com


Suche in den Verlustlisten des I. Weltkrieges
Die Verlustlisten des I. Weltkrieges wurden mittlerweile vom Verein für Computergenealogie auf Grundlage der von mir digitalisierten Micro-Film-Scans aufbereitet und durch die Hilfe vieler Freiwilliger suchbar und im Internet zugänglich gemacht. Die Suche ist auf folgender Seite möglich:








Die Erkennungsmarke


Die Erkennungsmarke im 1. Weltkrieg
Die Erkennungsmarken wurden zur Identifizierung gefallener Soldaten bereits im preußisch – österreichischen Krieg verwendet. Am 29. April 1869 wurden, wahrscheinlich aufgrund der im preußisch – österreichischen Kriege gemachten positiven Erfahrungen, die Erkennungsmarken (Recognoscierungs-Marken) per Verordnung in der preußischen Armee eingeführt. Berits im deutsch – französischen Krieg von 1870/1871 trugen alle Soldaten eine Erkennungsmarke. In der Sanitätsordnung vom 10. Januar 1878 erhielten die Recognoscierungs-Marken ihre heute noch gültige Bezeichnung „Erkennungsmarken“.  Im I. Weltkrieg waren alle deutschen Soldaten mit Erkennungsmarken ausgestattet, deren Form bei Beginn des Krieges recht vielfältig und uneinheitlich war. Aus diesem Grunde wurde mit Verfügung des Kriegsministeriums (Nr. 1085/7.15 B 3.) vom 28.07.1915 neue Bestimmungen zur Erkennungsmarke erlassen. Dabei wurde folgende Verfahrensweisen eingeführt:
1)        Ersatzmannschaften
Für Ersatzmannschaften, die auf den Kriegsschauplatz nachgesandt werden, wird die Erkennungsmarke von dem Ersatztruppenteil, bei dem der Mann eingestellt wird, und zwar unmittelbar nach seiner Einstellung in ihrem oberen Teile versehen mit dem Vornamen, Familiennamen, dem letzten Wohnort (bei größeren Orten mit Angaben der Straße und Hausnummer), Geburtsdatum, Bezeichnung des Ersatztruppenteils, Nummer der Kompanie und der Nummer der Kriegsstammrolle versehen.
2)        Feldtruppenteil:
Der Feldtruppenteil, dem der Mann zugewiesen wird, versieht die Erkennungsmarke in ihrem unteren Teil mit der Bezeichnung des Feldtruppenteils, der Nummer der Kompanie und der Nummer der Kriegsstammrolle.
3)        Truppenwechsel:
Wird der Mann im Verlaufe des Krieges einem anderen Truppenteil zugewiesen, so sind auf der Erkennungsmarke die Bezeichnung des bisherigen Feldtruppenteils zu durchschlagen, und die des neuen Truppenteils anzubringen. Die Bezeichnung des Ersatztruppenteils ändert sich dabei niemals. Die Erkennungsmarke war aus Zinkblech gefertigt, oval, mit einer Breite von 7 cm und einer Höhe von 5 cm, und verfügte noch nicht über eine Bruchstelle.
 
Beispiel einer Erkennungsmarke nach der geänderten Fassung vom Juli 1915
(Quelle: Armeeverordnungsblatt 1915, Ziffer 594, Seite 336)
 
Verwendete Abkürzungen auf den Erkennungsmarken
(Quelle: Armeeverordnungsblatt 1915, Ziffer 594, Seite 337)
 
Im Kriegsjahr 1917 wurde die Erkennungsmarke erneut verändert. (Verfügung Nr. 2377/8.17. B 3 vom 16.09.1917). Danach musste die Erkennungsmarke aus einem 1 mm starken Zinkblech mit einer Länge von 68 mm und einer Höhe von 54 mm gefertigt werden. Weiter wurde festgelegt, dass die Marke auf der Längsmittellinie drei Einschnitte erhalten sollte. Die Buchstaben sollten nur noch maximal 3 mm hoch sein. Die auf dem unteren und oberen Teil der Marke angebrachten Eintragungen waren nunmehr identisch. Die Erkennungsmarke hatte nunmehr ihre auch im 2. Weltkrieg beibehaltene Form erhalten. Als zusätzliche Maßnahme zur Verbesserung der Erkennung und Identifizierung eines Soldaten wurde durch das Kriegsministerium bereits am 18. Januar 1917 verfügt, dass alle Soldaten anzuweisen sind, möglichst viele persönliche Gegenstände mit Namen und Anschrift zu versehen. Hierdurch sollte die Identifizierung und Rückführung aufgefundener Gegenstände an Angehörige erleichtert werden.
Beispiel einer Erkennungsmarke nach der geänderten Fassung vom 16.09.1917
Quelle: Armeeverordnungsblatt 1917, Ziffer 903, Seite 462